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Bei jeder Meldung der Quartalszahlen der HelloFresh Aktie habe ich das gleiche Gefühl. ‘Jetzt’ wird sich entscheiden wohin das Unternehmen sich langfristig bewegt und jedes mal gewinne ich nach den Zahlen den Eindruck, dass immer noch nicht offen für alle zu Tage tritt, dass der Anbieter von Lebensmittellösungen einen nachhaltigen Erfolg haben wird. Wie ich selbst das beurteile ist dabei natürlich nochmal eine ganz andere Sache. HelloFreshs Zahlen einzuordnen, ist keine Aufgabe, die wir mit einem einfachen Blick auf den Geschäftsbericht bewerkstelligen können. Den Earnings Call erachte ich gerade bei dieser Aktie für elementar, da der Vorstand sehr offen mit belastenden Faktoren oder allgemein einzelnen Positionen in den Geschäftsberichten umgeht, die uns andernfalls nicht vorliegen würden.
Schaut dazu auch gerne mein Video:
Ergebnis im Rahmen der Erwartungen
Erneut konnte HelloFresh die Erwartungen hinsichtlich des Umsatzes übertreffen. Anstatt der Konsensschätzung von 1,79 Milliarden Euro, wurde ein Ergebnis von 1,86 Milliarden erzielt. Ein Wachstum von 31,4 % im Jahresvergleich. Hier sollte jedoch bedacht werden, dass dies vor allem durch den starken Dollar und den hohen US-Anteil der Umsätze begründet ist. Unter konstanten Wechselkursen beträgt das Wachstum 17,9 %.
Wie gewohnt ist das Wachstum jedoch nicht der Punkt, der für Zweifel bei der HelloFresh Aktie sorgt, sondern wie das Unternehmen dieses erreicht. Bekanntlich ist das Q3 immer ein schwaches Quartal, aber die ‘bereinigte’ EBITDA-Marge fiel sogar um 10 % im Jahresvergleich auf 71,8 Millionen Euro und lag unter der Konsensschätzung von 75,6 Millionen. Die Marge betrug somit 3,9 % anstatt der 5,6 % im Vorjahr. Dabei sollte auch bedacht werden, dass die AEBITDA-Marge, die HelloFresh primär nach außen kommuniziert, eigentlich relativ aussagelos für Investierte ist, da sie Komponenten nicht inkludiert, die durchaus relevant sind. Bei den gängigeren, vergleichbaren Margen wurde 0,1 % EBIT und 2,5 % EBITDA-Marge erzielt. Die aus meiner Sicht greifbare Sorge, dass das Unternehmen nicht nachhaltig Erträge erzielen kann, konnte somit zumindest nicht offensichtlich widerlegt werden.
Bei den aktiven Kundinnen und Kunden konnte eine Steigerung von 8,2% im Jahresvergleich erzielt werden, wenngleich die Gesamtzahl der aktiven Abonnements im Vergleich zum vorangegangenen Quartal deutlich um ca. 0,5 Millionen abnahm. Das ist aber in erster Linie der typischen Saisonalität von HelloFresh geschuldet.

Die Kluft zwischen USA und International Segment hat sich zudem sichtlich ausgeweitet. Obwohl in den USA sogar leicht weniger aktive Kundinnen und Kunden vorhanden sind, liegt der Umsatz deutlich über dem des International Segment. Auffällig ist zudem die sehr deutliche Steigerung des AEBITDA in den USA bei gleichzeitigem starkem Rückgang der Marge international. Die Gründe sowie die Einordnung dieser sind aus meiner Sicht elementar, um den heutigen Investment Case zu bestätigen oder zu widerlegen.
Die Zahlen im Detail
Bislang hat es sich bei der HelloFresh Aktie immer gelohnt im Earnings Call genau hinzuhören, wenn CEO Dominik Richter und CFO Christian Gärtner Rede und Antwort zu den sehr spezifischen Fragen der Analystinnen und Analysten gestanden und auch von sich aus sehr detailliert über einzelne Positionen sprachen. Dabei stellte dieser Call keine Ausnahme dar.
Contribution Margin deutlich verbessert
Eine große Sorge, die mit der Inflation einherging, war, dass HelloFresh die gestiegenen Preise nicht oder nur schlecht an die Kundschaft weitergeben kann. Diese scheint zunächst widerlegt. Obwohl die Umsätze nur um 31,4 % gesteigert werden konnten, konnte die Contribution margin (Deckungsbeitrag) deutlich um 43,5 % gesteigert werden. Auch CFO Gärtner betonte, dass es ihnen offenbar gut gelingt die Auswirkungen der Inflation abzufedern ohne die Kosten eins zu eins an die Kundschaft weiterzugeben. Er betonte wie schon im letzten Call, dass ihr Vorteil die verschiedenen Zulieferer für die einzelnen Zutaten sind, aber auch die Möglichkeit aufgrund der Datenbasis eine gesunde Mitte zwischen dem Vermeiden von teuren Lebensmitteln und den Wünschen der Kundinnen und Kunden zu finden. Laut CEO Richter seien die Preiserhöhungen nun auch vorerst beendet. Die Preiselastizität hat aus seiner Sicht sehr für das Unternehmen gearbeitet und das sieht man meinem Empfinden auch an den stark gestiegenen Umsätzen, höheren Bestellwerten und dennoch YoY leicht gestiegenen Kundenzahlen. Richter betonte jedoch auch, dass sie immer noch sehr vorsichtig bei den Preiserhöhungen vorgehen würden und dabei auch langfristige Auswirkungen im Blick haben. Höhere Preise erschweren schließlich auch die Reaktivierung von bestehenden Accounts und die Akquisition neuer Kundinnen und Kunden.
Als wichtigsten Faktor bei der Bruttomarge sieht CFO Gärtner jedoch die gestiegen Produktivität. Einerseits macht sich gerade im Jahresvergleich das Aufheben von Corona-Maßnahmen bemerkbar, weswegen die Abläufe in der Produktion direkter sind, andererseits zeigen die Automatisierungsmaßnahmen bereits Wirkung, die schon im Q1 für das zweite Halbjahr angekündigt wurden.
Sofern diese Entwicklung nachhaltig ist, ist das durchaus erfreulich und beseitigt einen wesentlichen Kritikpunkt bzw. Bedenken hinsichtlich des Geschäftsmodells. Höhere Preise können offenbar durchaus durchgesetzt werden und das ohne erhebliche Verwerfungen bei den aktiven Abonnements, wobei hier der erhebliche Unterschied zwischen USA und International bemerkenswert ist. Dass die Preismaßnahmen laut Richter jetzt vorerst beendet sind und der Unterschied zwischen beiden Segmenten so groß ist, lässt dann aus meiner Sicht den Schluss zu, dass die Preise in Europa offenbar nicht erhöht werden konnten, ohne die Anzahl der aktiven Kundinnen und Kunden zu gefährden. Nachfolgend betrachten wir warum das nur bedingt richtig sein muss.

Average Order Value deutlich gesteigert
Beim Average Order Value (AOV), also dem durchschnittlichen Bestellwert, kombiniert mit den Vorstandaussagen zeigt sich, was neben reinen Preiserhöhungen noch für die höheren Umsätze bei nur gering gestiegenen aktiven Kundinnen und Kunden verantwortlich ist. Laut Richter gehe nur die Hälfte der AOV-Steigerung im Jahresvergleich auf die höheren Preise zurück. In den USA sei vor allem die hochpreisige und schnell wachsende Ready-to-Eat Tochter Factor der Grund. Grundsätzlich sei das Ausrollen von HelloFresh Market und die größere Auswahl an Gerichten für höhere Warenkorbwerte verantwortlich.

HelloFresh Market, das Kundinnen und Kunden die Möglichkeit bietet kleine Addons wie Suppen, Antipasti etc. zu ihren Kochboxengerichten hinzuzufügen, wird nun nach und nach in den verschiedenen Märkten aktiviert. In den Pilotmärkten hat Market entgegen meiner ursprünglichen Vermutung laut Richter zu deutlich höheren AOVs geführt. Ich selbst finde es auch immer verlockend mir ein kleines schnelles Mittagessen in Form von Wraps, Suppen etc. dazu zu bestellen, wobei ich es aufgrund des Preises vermeide. Ich bin aber auch ein Spezialfall, was Preisbewusstsein angeht. Für Menschen, bei denen Komfort an erster Stelle steht, wird sich der Finger häufiger mal auf dem Button “Hinzufügen” verirren.

Auch die zunehmende Zahl an neuen Rezepten und größeren Auswahlmöglichkeiten in den einzelnen Wochen haben laut Richter einen erheblichen Anteil an den höheren Bestellwerten. Gerade die Kundinnen und Kunden, die schon lange mit HelloFresh kochen, seien eher dazu geneigt noch ein weiteres Rezept dazu zu nehmen oder bei HelloFresh Market ein Addon/Snack zu bestellen.
Wenn sich Market und die neuen Rezepte wirklich so positiv auswirken werden wie von Richter angenommen, ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil für das Unternehmen. Gerade die Addons scheinen mir sehr margenstark zu sein und da sie zusammen mit den sowieso bestellten Kochboxgerichten verschickt werden, fallen für HelloFresh anteilsmäßig geringere Kosten für Handling, Versand und Verpackung an. Folglich besteht hier eine gute Chance die Margen auszuweiten und das vor allem durch Reduktion der Fulfillment-Kosten. Ich bin gespannt wie sehr sich das in den kommenden Quartalen bemerkbar macht. Das Potential ist bei Akzeptanz seitens der Kundschaft jedenfalls enorm.
Average Order Rate über Vor-Corona-Niveau
Hinsichtlich der Average Order Rate (AOV – Durchschnittliche Bestellhäufigkeit) schien es einen kleinen Rückschlag zu geben. Diese nahm auf 3,9 Bestellungen je aktivem Abonnement ab. Sie liegt jedoch deutlich über dem Vor-Corona-Niveau von 3,5. Der niedrigere Wert im Vergleich zu den Vorquartalen ist der typischen Saisonalität geschuldet. Gerade in den Sommermonaten wird weniger bestellt, da Kundinnen und Kunden ihre Urlaube tendenziell auf diese Monate legen.

Deutsche Bank Analystin Naizer wollte dann noch wissen wie sich die älteren Kunden-Kohorten verhalten. Ob zu erkennen sei, dass diese mehr bestellen als zuvor. Laut Richter bestellen sie auf einem stabil hohen Niveau und neigen auch am ehesten dazu ein zusätzliches Gericht oder etwas von HelloFresh Market zu bestellen. Eben das erscheint mir häufig auch so. Umso länger Menschen bei meinem Umfeld bei HelloFresh bestellen, desto weniger hinterfragen sie den Preis und wissen den Komfort so sehr zu schätzen, dass sie immer mehr Verantwortung in Richtung HelloFresh kanalisieren. Daran zeigt sich auch der Wert von langfristigen Kundenbeziehungen und warum der Vorstand hier so vorsichtig vorgeht.
Marketing über ursprünglichen Ankündigungen
Wo es bei den bislang genannten Punkten so lief wie ursprünglich vom Vorstand angekündigt, kommen wir nun zu dem Punkt, bei dem sich HelloFresh regelmäßig kritische Fragen gefallen lassen muss und das meinem Empfinden nach auch nicht völlig zu Unrecht, denn die Höhe der Marketing-Ausgaben wurde ursprünglich anders kommuniziert beziehungsweise war anders geplant. Diese stiegen mit 59,4% YoY deutlich stärker als die Umsätze.

Der Vorstand nannte hier vor allem Factor als Grund, da hier deutlich höhere Customer Acquisition Costs (CAC) anfallen, aber auch grundsätzlich seien die CACs höher gewesen. CFO Gärtner sagte zudem, dass es saisonal normal sei, dass die Marketingkosten so ausfallen und sie nur 0,5-1 %-Punkt höher sind als geplant. Hier spielen auch die neu hinzu gekommenen Märkte eine Rolle, bei denen die Marketingausgaben gerade zu Beginn recht hoch sind.
Richter fügte auf Nachfrage einer Analystin noch hinzu, dass der Webtraffic am Beginn von Q3 besonders niedrig war und sie dann gegen Ende des Q3 die Ausgaben hochgefahren haben als der Traffic wieder zunahm. Zudem sieht er die Makroeffekte als zusätzlichen Grund. Kunden sind nicht mehr so sehr bereit neue Dinge auszuprobieren. Die Ausgaben seien auf dem Level, auf dem sie der Vorstand haben möchte.
Für das Q4 müssen wir nach Vorstandaussage mit 16 % Marketingausgaben rechnen. Sie bleiben folglich auf einem gleichbleibenden Level, wenn sie auch auf Sicht von mehreren Jahren und um Covid bereinigt vergleichsweise niedrig sind.
Grundsätzlich habe ich nichts gegen höhere Ausgaben für Marketing. Gerade hier müssen wir zwischen strategischen und taktischen Entscheidungen unterscheiden. Langfristig will HelloFresh die Kundinnen und Kunden an Bord bringen und behalten, weil sie über die gesamte Laufzeit immer mehr und mehr bestellen, was höhere CACs rechtfertigt, daher sollen sie meinem Empfinden auch durchaus auf kurzfristige Gegebenheiten reagieren und die Marketing-Ausgaben dynamisch anpassen. Durch die gestiegene Contribution Margin hat sich das Unternehmen diese Steigerung gewissermaßen auch verdient. Dennoch sind ‘im Verhältnis’ zum Umsatz gleichbleibend hohe Marketingausgaben nichts, was man sich schön reden muss. Sie bleiben für mich der größte und am direktesten wirkende Hebel auf die Marge.
Sonstige gewichtige Faktoren
Was auch noch stark auffällt sind die sehr stark gestiegenen General & Administrative (G&A) Kosten. Dahingehend ging dann auch die Frage des Citi-Analysten. Gärtner betonte richtigerweise, dass sie schon sehr früh angekündigt hatten die G&A zugeordneten Teams aufzustocken. Primär sind das vor allem die Tech & Data Teams. Laut Gärtner seien es vor allem diese, die für viele Verbesserungen verantwortlich seien. Das betrifft sowohl das Wissen über Kundenverhalten als auch die Steigerung der Effizienz der Fulfillment Center. Als der erste Anstieg in diesem Bereich zu erkennen war, war ich auch etwas überrascht, da grundsätzlich die Overhead costs sinken sollten, wenn die Umsätze so stark ausgeweitet werden. Da die Entwicklung jedoch früh angekündigt wurde und ich zunehmend den Eindruck gewinne, dass sowohl das Wissen über die Kundschaft als auch die Effizienz an anderer Stelle steigt, sehe ich es nicht mit Sorge.

Zudem wies Richter daraufhin, dass vor allem das Ramp-Up von neuen Brands und Märkten in Europa zu erheblichen Kosten geführt hat. Diese sollen ungefähr 60 Millionen betragen. Ich hatte dahingehend in einem Forum einen ansonsten sehr guten Beitrag gelesen, dass wir zur Einordnung wissen müssten wie hoch der Einfluss im vorangegangenen Jahr gewesen sei. Das sehe ich anders. Wir entscheiden hier und heute ob wir die Aktie kaufen und wenn uns der CFO suggeriert, dass wir hier 60 Millionen Kosten haben, die in Zukunft wegfallen, dann steht das für sich, weil wir so theoretisch einen Blick auf die normalisierten Erträge bekommen, sprich wenn das Unternehmen von heute auf morgen das Wachstum einstellen würde und nur noch die Früchte der Arbeit bis dahin ernten würde. Das gilt dementsprechend auch für zukünftige Ramp-ups.
Free Cash Flow Berechnung
HelloFresh selbst weißt den Free Cash Flow (FCF) mit -52,3 Millionen Euro für das 3. Quartal aus. Wie gewohnt bin ich damit nicht ganz einverstanden oder ordne ihn besser gesagt für mich üblicherweise anders ein. Ziel dessen soll sein einen möglichst nachhaltigen FCF zu berechnen, der uns als Investierten zudem auch wirklich zusteht.

Die wesentlichen Unterschiede bei meiner eigenen Berechnung zu der des Unternehmens sind zum einen die Betrachtung des operativen Cash Flows nach Abzug der Bewegungen im Working Capital. Diese sind häufig nur kurzfristiger Natur und sagen nur bedingt etwas über die Fähigkeit des Unternehmens zur Cash-Generierung aus. Gerade da die Bedenken bei HelloFresh dahingehend mancherorts so hoch sind, ist es durchaus sinnvoll einen möglichst normalisierten Blick auf die Cash Flows zu werfen. Zudem ziehe ich die Share-Based compensations (SBC), also die aktienbasierte Vergütung ab. Die Gründe dafür habe ich bei Interesse, in einem gesonderten Artikel ausführlich dargestellt. Diese verzeichnen einen deutlichen Anstieg im Vergleich zum Vorquartal, da das Programm deutlich ausgeweitet wurde und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Wahlrecht zwischen RSUs und VSOPs eingeräumt wurde. Falls euch das an dieser Stelle nichts sagt, lohnt es sich nicht sich damit zu beschäftigen. Betrachtet die SBC einfach als Gehaltskosten und ihr macht alles richtig.

Nach Abzug der Net Capital Expenditures (CapEx – Investitionsausgaben) und der finance leases, ergibt sich ein FCF in Höhe von -123,8 Millionen Euro. Nichts was einen Freudensprünge machen lassen würde. Die nach wie vor hohen Investitionsausgaben haben offenbar einen hohen Einfluss, sind aber nicht der alleinige Grund für das Stagnieren bei der Cash-Generierung. Der bereinigte operative Cash Flow ist nur schwach positiv und hier machen sich natürlich die neuen Brands und Märkte, die sich im Ramp-Up befinden sowie das allgemein schwache Quartal bemerkbar. Dennoch sollten wir der Tatsache ins Auge sehen, dass HelloFresh in diesem Quartal kein und in letzter Zeit wenig Cash generiert. Ob das nun kritisch zu sehen ist, oder nicht, darf dann jeder nochmal für sich beurteilen. Das Q3 ist wie bereits erwähnt grundsätzlich ein schwaches Quartal.
Guidance
Wenig überraschend drehten sich im Call auch viele Fragen um die Guidance. Dahingehend gab es dann auch erstmal keine allzu gute Nachricht für die Investierten. Hinsichtlich Marge und Umsatz erwartet der Vorstand ein Ergebnis in der unteren Hälfte der Gesamtjahresguidance. Bei den aktiven Kundinnen und Kunden müsse man in Q4 mit einem mittleren einstelligen Wachstum rechnen. In Q4-2021 waren es übrigens 7,22 Millionen. Wenig überraschend müssen wir daher von einem Rückgang oder Stagnation vom Q3 ins Q4-2022 ausgehen.
BNP Analyst Andrew Gwynn wollte dann noch von Gärtner wissen, ob HelloFresh 2023 wachsen wird und ob er noch zu der mittelfristigen Guidance bis 2025 stehe. Gärtner konnte beides bejahen, wollte aber mit einer offiziellen Guidance bis zum März warten, wenn die Jahreszahlen 2022 präsentiert werden.

CapEx
Auch hinsichtlich der CapEx-Ausgaben gab es eine Nachfrage. Wie flexibel die momentane Kapazität zurückgefahren werden könne, wenn die Auslastung nicht erreicht wird. Gärtner wollte zumindest meinem Empfinden nichts von einem Rückfahren der Kapazität nichts wissen, sondern betonte, dass in manchen Regionen immer noch ein Kapazitätsengpass vorhanden ist. So zum Beispiel in Arizona für die Tochter Factor. Zudem werde man dort wo alte Leases auslaufen die Standorte durch moderne und automatisierte ersetzen, was weiterhin einen positiven Einfluss auf die Bruttomarge haben sollte. Unter diese Kategorie fällt dann wohl zumindest offiziell, der Standort in Richmont, dessen Schließung kürzlich bekannt gegeben wurde. Angesichts dessen, dass Richter im Q4-2021 Call 60-70% Auslastung gegen Jahresende 2022 in Aussicht stellte, überrascht das auch nicht sonderlich.
Auch hier muss man nochmal den Unterschied zwischen strategischen und taktischen Entscheidungen betrachten. Die Inflation war in dieser Form bei Beginn des Kapazitätsausbaus nicht zu erwarten. HelloFresh hat mittlerweile sein Pricing sehr stark angepasst und musste mit einem entsprechend schwächeren Kundenwachstum rechnen. Das ist nun mal der Preis für eine solche Maßnahme. Das daraufhin, bei einer sowieso geplanten Überkapazität, einzelne ineffiziente Standorte geschlossen werden, ist nichts, was ich dem Unternehmen negativ auslege.
Factor 75
Die HelloFresh-Tochter Factor 75, die im Ready-to-Eat-Segment den Ton angibt, ist offenbar weiterhin auf erheblichem Wachstumskurs. Auf Nachfrage bestätigte Dominik Richter, dass wir bis Jahresende von einem Umsatz von 600 Millionen ausgehen dürfen. Zum Jahresanfang waren es gerade mal 300 Millionen. Zudem werde Factor nun auch in Kanada ausgerollt. Hierzulande müssen wir uns noch etwas gedulden. Ich hatte die Frage, wann wir mit Factor in Deutschland rechnen dürfen, tatsächlich auch an Markus Koch weitergeleitet, der sie dann Christian Gärtner in einem sehr empfehlenswerten Interview stellte.
Fazit
Ich denke offen gestanden nicht, dass der Markt HelloFresh gerade falsch bepreist. Das, was momentan im Cash Flow Statement und bei den Margen zu sehen ist, wird auch korrekt vom Markt widergespiegelt. Das Unternehmen investiert weiterhin stark und wenn ich den Erfolg dessen nicht für wahrscheinlich halten würde, wäre ich schon lange nicht mehr investiert. Anhand der AOV, der gestiegenen Umsätze und immer noch hohen Kundinnen- und Kundenzahl sehen wir durchaus, dass HelloFresh auch nachhaltig Erfolg hat und vielen Menschen offenbar einen Mehrwert bietet, der sich in einer sehr zugunsten des Unternehmens arbeitenden Preiselastizität bemerkbar macht. Die Inflation scheint folglich zunächst kein primäres Thema zu sein.
Dennoch sind einige Punkte durchaus kritisch zu sehen. Gerade das Dauerthema Marketing betrachte ich auch weiterhin mit skeptischem Blick. Gerade wenn der Vorstand sagt, dass die Kundenakquisition teurer geworden ist. Grundsätzlich ist es natürlich dennoch begrüßenswert, dass diese Ausgaben getätigt werden, um dann auf anderer Ebene wieder von dem Operating Leverage zu profitieren. Solange die Marketingkosten nicht weiter steigen, sollte sich eben das positiv bemerkbar machen.
Wie immer hatte ich das Gefühl, dass der Vorstand seine Zahlen versteht und grundsätzlich nicht auf Sicht fährt. Daher bleibe ich auch weiterhin investiert.
Disclosure: Ich bin bei HelloFresh investiert.
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