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Noch lange konnte Alphabet entgegen den Erwartungen mit zweistelligen Umsatzsteigerungen glänzen. Dies ist nun zwar vorerst vorbei, aber der Blick auf das Gesamtjahr 2022 ist durchaus einladend gemessen an den ursprünglichen Befürchtungen. Gerade in Bereichen in denen die Konkurrenz schwächelte konnte das Unternehmen weiterhin hohe Wachstumsraten verzeichnen und setzt nun zudem noch mehr auf die Monetarisierung ihrer Entwicklungen im AI-Bereich. Von den großen Techkonzernen mit “A” sehe ich für Alphabet nach wie vor die strahlendste Zukunft.
Erwartungen leicht verfehlt
Obwohl Alphabet die Konsensschätzungen der Analystinnen und Analysten verfehlte, konnte die Aktie die unlängst erlangten Kursgewinne verteidigen und weist zur Zeit eine Marktkapitalisierung von 1,36 Billionen Dollar auf.
Beim Umsatz wurden 76,05 Milliarden US-Dollar anstatt der von Analystinnen und Analysten erwarteten 76,57 Milliarden erzielt. Ein Plus von 1% im Vergleich zum Vorjahresquartal (YoY). Jedoch wirkt sich hier erneut der starke Dollar zu Ungunsten des Ergebnisses aus. Bei einer Betrachtung des Wachstums auf gleicher Währungsbasis wäre es mit 7% deutlich höher ausgefallen. Auf Jahressicht stiegen die Umsätze um 10% bzw. 14% auf gleicher Währungsbasis.
Der Gewinn je Aktie ging um 31% zurück und fiel mit 1,05 US-Dollar niedriger als die erwarteten 1,19 Dollar aus. Auch hier sollte ein Sondereffekt beachtet werden. Im Q4 des vergangenen Jahres wirkte sich unter anderem noch ein nicht realisierter Gewinn aus Wertpapieren in Höhe von 2,5 Milliarden zugunsten des Gewinns aus. Nun steht an gleicher Stelle ein Verlust von einer Milliarde. Um uns gegen die Überbewertung solcher Einmaleffekte zu schützen, sollten wir immer auf die operating margin bzw. das operating income schauen, da diese die nicht direkt mit dem Geschäftsmodell in Verbindung stehenden Effekte herausfiltert. Das operating income fiel um etwa 17% und damit deutlich weniger stark als der Gewinn. Auf Ganzjahresssicht ging das operating income trotz deutlich gestiegener Umsätze um knapp 5% zurück. Grund dafür waren stark gestiegene Forschungs- und Entwicklungskosten sowie höhere cost of revenues. Vieles davon ging auf eine deutliche höhere Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterzahl zurück. Im Januar wurden bereits Entlassungen angekündigt. 12000 der 190000 Stellen sollen gestrichen werden. Zudem kündigte Alphabet an die Abschreibungsdauer ihrer Server und bestimmter Netzwerkkomponenten auf 6 Jahre zu erhöhen. Das ist ein Effekt, der rein kosmetischer Natur ist, aber für 3,4 Milliarden geringere ausgewiesene Kosten sorgen wird, die sich auf cost of revenues und R&D verteilen. Ähnliches haben wir zuvor schon bei Amazon und Microsoft gesehen.

Blick auf die Segmente
Google Services
Auch bei dem Blick auf die einzelnen Segmente sollten die stark zu Ungunsten des Konzerns wirkenden Wechselkurse bedacht werden. Dennoch ist ein niedriges einstelliges Wachstum ex Währungseffekte nichts, was Stärke demonstriert. Eben das fand auch Merrill Lynch Analyst Justin Post, der im Earnings Call nach den Gründen für das langsame Wachstum fragte. CEO Sundar Pichai konnte wenig überraschend niedrigere Werbeausgaben ihrer Kundinnen und Kunden als Hauptgrund ausmachen. ´
YouTube, das ebenfalls zum Segment Google Services gehört, konnte im Q4 nicht wachsen, was ebenfalls auf geringere Werbeausgaben zurückzuführen ist. Wobei hier zwischen YouTube Ads und den B2C-Services unterschieden werden muss. YouTube Music Premium und YouTube TV konnte nämlich deutlich mehr Abonnements verzeichnen, was wesentlich für das Wachstum im Segment “Google Other” verantwortlich war. Bei den YouTube Ads könnte zudem bald die Monetarisierung der YouTube Shorts, die als Konkurrenzprodukt zu den Instagram Reels und TikTok zu verstehen sind, als positiver Katalysator für dieses Segment dienen. Auf dem Ausbau der Shorts liegt momentan der Hauptfokus bei YouTube. Binnen eines Jahres sind die durchschnittlichen täglichen Views von 30 Milliarden auf 50 Milliarden angestiegen. YouTube Shorts kann daher durchaus als ernst zu nehmender Konkurrent für TikTok bezeichnet werden. Das Potential ist hier weiterhin enorm. Im Gesamtjahr konnte YouTube 29,24 Milliarden allein an Werbeumsätzen generieren und damit einen fast so hohen Umsatz wie Netflix, das vom Markt mit einem Enterprise Value von ca. 170 Milliarden US-Dollar bewertet wird und teuer für seinen Content bezahlen muss, während Menschen wie ich kostenlos den Content für YouTube erstellen.

Google Cloud
Erfreulich stark viel erneut das Wachstum bei Google Cloud im Jahresvergleich aus. 32% konnte die Sparte im Q4 wachsen, 37% im Gesamtjahr. Dieser Markt ist zwar nach wie vor deutlich am Wachsen, aber auch mit der starken Konkurrenz von Amazon und Microsoft besonders umkämpft. Gerade Amazon AWS hat bei den vor wenigen Tagen vermeldeten Zahlen beim Wachstum etwas geschwächelt, wenngleich das Umsatzwachstum in absoluten Zahlen nach wie vor deutlich vor der Google Cloud liegt. Microsoft bleibt ungefähr gleichauf. Amazons Börsenkurs ist aber viel mehr von der Cloud-Sparte abhängig als der von Alphabet, da es zur Zeit das einzige profitable Segment von Amazon ist.

Die Google Cloud ist auch im Gegensatz zur Konkurrenz weiterhin ein Verlustgeschäft, was wenig überraschend kommt, da Alphabet erst vergleichsweise spät ins Cloud-Geschäft einstieg. Die Kosten fallen hier gerade zu Beginn an und nehmen dann nach und nach in Relation ab. Eben das macht sich auch bei Alphabet nun bemerkbar. Die Marge verbessert sich hier zusehends und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein bis hier mindestens die schwarze Null zu sehen ist. Gerade durch die Anpassung der Abschreibungsdauer von Servern und sonstigem Equipment, das hier eine erhebliche Rolle spielt, sollte das früher als erwartet der Fall sein. Die Personen, die 40er-Multiple über das EBIT von Amazon AWS zwecks Bewertung gelegt haben, schauen dagegen zunehmend in die Röhre.

Schwach zugunsten von Amazon spricht, dass sie weiterhin nur 5 Jahre Abschreibedauer für ihre Server anwenden, was optisch für größere Kosten sorgt, sich aber später positiv bemerkbar machen müsste. Alphabet hatte zuvor eine Abschreibedauer von 4 Jahren. Durch die Anpassung sind die drei Konkurrenten ab Q1-2023 deutlich besser zu vergleichen.

Other Bets & Segment Änderung
Das Segment “Other Bets”, was bei Alphabet als Sammelbecken für innovative Ideen fungiert, aus dem vielleicht einmal gewinnbringende Geschäftsmodelle werden, konnte zwar beim Umsatz zulegen, aber noch deutlicher beim operativen Verlust. Töchter wie Waymo, der Anbieter eines autonomen Taxidiensts, verschlingen noch jede Menge Geld, ohne nennenswerte Umsätze zu erzielen. Alphabet ist hier aber weiterhin sehr konsequent und CFO Ruth Porat verteidigte im Call auf Nachfrage eines Goldman Sachs Analysten auch weiterhin die Ausgaben und betonte, dass alle Ideen konsequent auf Returns ausgerichtet sind und das Gesamtportfolio unterstützen sollten. So zum Beispiel in der Vergangenheit als Chronicle aus dem “Other Bets” Segment entfernt wurde und mit dem Cloud Business verschmolzen wurde.
Und um diesen Gedanken zu unterstreichen, steht dies nun wieder an. Aus dem “Other Bets” Segment entfernt wird das KI-Unternehmen DeepMind und fortan in die Kosten der anderen Segmente integriert, da es laut Aussage von Pichai relevant für viele der anderen Segmente ist und dort unterstützend agiert. Das scheint mir auch durchaus eine sinnvolle Änderung zu sein. Allgemein betonte der CEO, dass künstliche Intelligenz ‘das’ große Unterfangen für Alphabet in den kommenden Jahren wird. Ich könnte jetzt in strahlenden Farben die Worte des CEO wiedergeben, aber mein qualitatives Verständnis für dieses Thema ist nahe 0, daher erspare ich uns das. Ich halte mich an das, was ich beurteilen kann.

Free Cash Flow
Den Free Cash Flow für das Q4 weist Alphabet selbst mit 16,02 Milliarden aus und nimmt dafür den operativen Cash Flow und zieht davon die CapEx (Investitionsausgaben) ab. Mit dieser Berechnung zeigen wir uns natürlich nicht zufrieden und bereinigen um die sehr hohen Stock-Based-Compensations (die Gründe dafür hatte ich schon mal in einem Artikel dargelegt) und die Bewegungen im Working Capital. So ergibt sich ein operativer Cash Flow von 18,23 Milliarden. Nach Abzug der CapEx ergibt sich ein Free Cash Flow von 10,63 Milliarden.

Für das Gesamtjahr 2022 ergibt sich unter gleicher Berechnungsmethodik ein Free Cash Flow von 42,88 Milliarden. Also deutlich weniger als die 60 Milliarden, die das Unternehmen selbst ausweist. Ein guter Grund nicht auf die Angaben von typischen Aktienscreenern zu vertrauen. Im Vorjahr waren es nach gleicher Methodik bereinigt 53,16 Milliarden US-Dollar. Dem gegenüber steht ein Enterprise Value von ca. 1,3 Billionen. Mit einer EV/FCF-ratio von 30 muss ich Alphabet momentan nicht zwingend haben, aber will auch nicht von “zu teuer” reden.
Fazit
Alphabet hat am gleichen Tag wie Amazon und Apple reportet und ich sehe Alphabet deutlich solider und breiter für die Zukunft aufgestellt als die beiden Konkurrenten. Das Wachstum ist nach wie vor da und Alphabet findet gerade den Mittelweg zwischen Kosten sparen und sehr starkem Investieren in Zukunftsbranchen. Die Bewertung von einzelnen Zukunftstechnologien traue ich mir nicht zu, daher halte ich mich an das, was ich zur Zeit sehen kann und das gefällt mir nach wie vor gut. Der Free Cash Flow ist da, das Wachstum ex Währungseffekte auch, die Cloud-Sparte kurz vor der Profitabilität, die Bewertung nicht völlig abgehoben. Es gibt sicher schlechtere Aktien, die man momentan im Depot haben kann. Ein ‘Muss’ ist sie für mich bei dieser Bewertung aber sicher auch nicht.
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